
Social Media ist ein wunderbares Mittel, sich mit vielen verschiedenen Menschen zu vernetzen, aber es gibt auch Situationen, in denen dir diese Vernetzung schaden kann.
Auf Facebook erhalte ich täglich mehrere Freundschaftsanfragen. Dir geht es vielleicht auch so. Früher habe ich die meisten davon angenommen, sofern es sich nicht auf den ersten Blick um Spam-Accounts handelte. Doch irgendwann hatte ich immer mehr Facebook-Kontakte, die dubiosen Seiten folgten und deren Timeline auf eine rechte Gesinnung schließen ließen. So schicke mir 2015 Werner L. eine Freundschaftsanfrage.
Auf Menschen wie ihn treffen wir vor allem auf Social Media: Unzufriedene, verbitterte, von Neid erfüllte Menschen jeden Alters und jeden Geschlechts. Ich nenne sie nicht besorgte Bürger, weil sie es nicht sind.
Werner L. schrieb auf seiner Pinnwand:
Noch mehr Asylbewerber in Deutschland 300000 mehr 2015. Das geht nicht so weiter Frau Merkel. Raus mit dem Pack!!!!!!!!
Mit ihm hatte 191 gemeinsame Freunde und ich wusste von einigen davon: Sie sind ganz weit von diesem Gedankengut entfernt. Viele andere kannte ich nicht und ich dachte darüber nach, ob sie mit seiner Einstellung sympathisierten. Ähnlich verhält es sich mit den Menschen, die einer Facebook-Seite der NPD, AfD, der Jungen Freiheit, Pegida usw. ein “Like” geben.
Auf Social-Media bist du nie privat
Egal, welche Einstellungen du machst und egal, was du behauptest: Dein Auftritt in Social Media ist niemals ganz privat. Natürlich sollst und musst du authentisch bleiben und deine Meinung sagen. Die Vernetzung um jeden Preis halte ich aber für sehr problematisch. Ich möchte nichts mit Menschen zu tun haben, die mit rechter Gesinnung sympathisieren – oder mit Menschen, denen ich das zutraue.
Inzwischen nehme ich keine Anfragen von mir völlig Fremden mehr an. Ich mistete vor einiger Zeit meine Kontakte radikal aus und reduzierte meinen Vernetzungsgrad von über 3000 Facebook-Freunden auf unter 700.
Warum ist das für mich aber so problematisch? Schließlich bedeutet diese Art der Vernetzung nicht, dass ich mit dem anderen einer Meinung bin.
Stell’ dir vor, du vernetzt dich mit Stephen King. Du bist Stephen Kings Facebook-Freundin. Stell’ es dir vor. Was für ein tolles Gefühl, oder? Vernetzt zu sein mit einem so großartigen Schriftsteller (falls Du Stephen King aus mir unerklärlichen Gründen nicht mögen solltest, dann suche einfach einen Ersatz). Ein bisschen seines Ruhmes blättert auch auf dich ab, wenn du mit ihm befreundet bist.
Mir folgen auf Twitter zum Beispiel NeinQuarterly und Sibylle Berg. Holla, die Waldfee. Als die beiden mir folgten, war das ein Turbo-Boost für mein Ego (an King arbeite ich noch). Die Kehrseite dieser Medaille ist klar, oder? Das Abblättern dieses Ruhmes funktioniert natürlich in beide Richtungen – nur, dass es auch negative Auswirkungen haben kann.
So kann dir Vernetzung schaden
#1 Rufschädigung
Es hat einen faden Beigeschmack, wenn Bekannte mit Menschen rechter Gesinnung befreundet sind. Bedenke, dass nicht nur deine engeren Freunde, die dich kennen, dein Facebook-Profil sehen können. Je nach Einstellung sehen auch Kolleginnen, Arbeitgeber und potentielle Kundinnen deine Freundesliste. Ich bin streng. Ich will keinerlei Vernetzung zu solchen Menschen.
#2 Vergeudete Zeit und Energie
Vernetzen, nur um des Vernetzens Willen – nicht mit mir. Ich setze auf die Qualität von Beziehungen und nicht auf die Quantität. Accounts mit mehreren Tausend Freunden sind mir suspekt. Setze ich eher auf Klasse, anstatt auf Masse, dann erreiche ich die Menschen, die ich erreichen will. Die mit mir interagieren. Die anderen verfolgen wahrscheinlich nicht mal, was ich schreibe und so bin ich auch für sie uninteressant. Ich habe keine Zeit für Energieräuber dieser Art.
#3 Müll in der Timeline
Oft wurde ich dafür kritisiert, dass ich die Gefällt-mir-Angaben von anderen prüfe. Spionage nannten es einige.
Das ist purer Eigennutz, denn ich will nicht, dass mir NPD & Co. als gesponserte Seiten von Facebook vorgeschlagen werden, weil 191 Freunden diese Seiten gefallen. So funktioniert Facebook übrigens: Jeder Klick, jedes Gefällt-Mir erhöht die Reichweite dieser Nazi-Seiten und man unterstützt sie damit ganz direkt.
Bequem auf Likes prüfen – wie geht das?
Wenn du dich nun aber trotzdem mit so viel Menschen wie möglich vernetzten willst (aus welchen Gründen auch immer), dann prüfe wenigstens vorher seine Gefällt-Mir-Angaben. Wenn da Seiten auftauchen wie zum Beispiel:
- NPD
- Alternative für Deutschland
- Junge Freiheit (Politikwissenschaftler ordnen diese einem Grenzbereich zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus zu und bezeichnen sie als Sprachrohr der Neuen Rechten)
Dann solltest du dich nur mit der Person vernetzen, wenn du auch ihrer politischen Gesinnung bist, denn früher oder später wird ihr “Ruhm” auf dich abfärben.
Hast du die Links oben angeklickt? Dann bist du auf einer Seite gelandet, die dir zeigt, ob und welche deiner Freunde eine Fanseite geliked haben. Das kannst du sehr einfach selbst erstellen und zum Beispiel in deinem Blog einbauen:
1. Suche auf Facebook die gewünschte Fanseite und sehe dir den Quelltext an (rechte Maustaste “Quelltext anzeigen”).
2. Nun suchst du nach der Page-ID. Sie ist in dem folgenden String versteckt.
Hier im Falle von Literaturschock:
<meta property="al:ios:url" content="fb://page/?id=370685951367" />
Suche am besten “Strg & F” z.B. nach dem Text “fb://page/?id=” suchen und schon springst du an die Stelle.
3. Kopiere die Facebook ID.
Im Falle von Literaturschock wäre das:
370685951367
4. Diese ID fügst du nun ans Ende der folgenden URL ein:
https://www.facebook.com/browse/friended_fans_of/?page_id=
das sieht dann so aus:
https://www.facebook.com/browse/friended_fans_of/?page_id=370685951367
5. Ruft die URL auf
Im Falle von Literaturschock: Klick
6. Nun siehst du alle Freunde, denen die ausgewählte Seite gefällt
Diese Anleitung habe ich auf der folgenden Seite entdeckt: How To: Find Out Which Facebook Friends Like Something… Without Graph Search und für meine Bedürfnisse angepasst und ins deutsche übersetzt.
Fazit: Alles hat seinen Preis. Deiner Reputation kann diese Art der Vernetzung schaden. Sie raubt dir Zeit und Energien und deine Postings verpuffen wirkungslos, weil das Gieskannenprinzip in den sozialen Medien nicht sehr gut funktioniert.
Mich würde interessieren: Setzt du auch noch auf die Masse? Oder suchst du dir deine Kontakte aus und pflegst die Beziehung eher zu wenigen?
Doris meint
In meiner Freundesliste sind zum größten Teil nur Freunde, die ich persönlich kenne: Familie, Freunde, Arbeitskollegen. Freundschaftsanfragen von völlig Fremden nehme ich nicht an. Ansonsten folge/like ich Seiten von Stars, bzw. Bücher-/Leseseiten.
Bei meinen Facebook-Freunde achte ich auf die Seiten, die von Ihnen gelikt werden. Politisches blende ich konsequent aus, vor allem FPÖ-Gebrabbel. Auch ich möchte mit diesen rechten Inhalten nicht in Verbindung gebracht werden. Aber: auch bei Kollegen mit Migrationshintergrund achte ich auf die Postings: da ich die Sprache nicht spreche, muss ich noch konsequenter sein, und im Zweifelsfall diese Person aus meiner Freundesliste löschen. Ich bin weit entfernt von braunem Gedankengut, aber ich möchte auch keine Terroraufrufe unterstützen.
Im Übrigen: ich bin ein großer Fan von Literaturschock und habe mir dort schon viele Anregungen geholt. Leider habe ich mich bisher kaum beteiligt.
Liebe Grüße
Suse meint
Hallo Doris, danke für deinen Kommentar (cool, dass du Literaturschock schon kennst – das freut mich total). Du hast völlig recht: Weshalb sollte man auch bei Menschen mit Migrationshintergrund weniger auf die Postings schreiben, nur weil sie Migrationshintergrund haben? Mensch ist Mensch. Das hat nichts mit der Herkunft, dem Geschlecht, dem Alter etc. zu tun und Idioten gibt es überall 🙂
Liebe Grüße
Suse
Mareike meint
Ich setze auf Qualität, nicht Quantität. Auf Facebook habe ich eine Art eigenen “Sicherheitsmechanismus” eingebaut, damit Leute, deren Anfrage ich gerade angenommen habe, nach wie vor nichts sehen. Ich hatte in den Anfängen von Social Media (StudiVZ, Facebook) Stress mit Nazis, die mich ausfindig machen wollten, und habe ganz schnell gelernt, auf was ich beim Vernetzen achten muss.
Ich habe für mich ein paar Prinzipien festgelegt an die ich mich halte. Dazu gehört auch: Man arbeitet nicht mit Nazis, Rassisten, Rechtsoffenen und solchen, die es werden wollen. Allg. möchte ich nicht mit Menschen zusammenarbeiten, die eine menschenverachtende Grundeinstellung zum Leben und zur Gesellschaft haben.
Ich muss aber auch gestehen, dass mein Netzwerk was den Blog angeht noch sehr niedlich ist…
Suse meint
Hallo Mareike, ja, man muss wirklich aufpassen. Ich mag mit solchen Menschen auch nicht diskutieren. Oft wird empfohlen, dass man mit den Leuten reden soll. So ein Quark. Das mache ich vielleicht mit näheren Bekannten. Aber ich fühle mich nicht für die politische Bildung von Leuten zuständig, die ich nur via Facebook kennen gelernt habe. Lebenszeit ist kostbar.
Liebe Grüße
Suse
Bröselchen meint
Liebe Suse,
ich hab Deinen Beitrag gerne gelesen und obwohl keiner meiner Freunde bei FB unter den o.g. Links auftaucht, bin ich auch immer wieder am “ausmisten” und möchte das tatsächlich mal wieder tun. Nicht nur befreundet sein um des Vernetzungs willen.
Danke & LG
Brösel
Bröselchen meint
P.S.: Ich treffe selten Menschen, die am gleichen Tag Geburtstag haben wie ich 😉
Suse meint
Echt jetzt? Auch am 11.03.? 😀 Kennst du das Geburtstagsparadoxon?
https://de.wikipedia.org/wiki/Geburtstagsparadoxon
Suse meint
Liebe Brösel,
oh wie toll. Du hast dich auch hierher verirrt 🙂 Ich kann wirklich sagen: Das Ausmisten neulich hat mir sehr gut getan. Ich merke jeden Tag, wie viel mehr Qualität auf meiner Timeline ist. Nicht so viel Schwachsinn, sondern Sachen, die mich interessieren von interessanten Menschen.
Liebe Grüße
Suse
nadja meint
hallo duda,
also ich staune immer wieder, wieviele “freunde” manche leute haben. ich hab schon sehr früh und nach 2 stalkern beschlossen, mich nur noch mit leuten zu verbinden, die ich persönlich kenne. es kommt ja auch darauf an, wie und wozu man die social media nutzt. ich z.b. möchte im stressigen alltag einfach über die aktivitäten, ereignisse, gedanken und befindlichkeiten mit meinen freunden verbunden bleiben und so stützen und begleiten wir uns gegenseitig. wenn wir uns dann nach einiger zeit persönlich treffen, gibts jede menge stoff zum vertiefen. so kommen wir gemeinsam durch den alltag, ob mit genesungswünschen im krankheitsfall, aufbauarbeit bei durchhängern oder anteilnahme in glücksmomenten. das schweisst zusammen. voyeure oder stille mitleser, die sich stets bedeckt halten, dulde ich nicht. von menschenverachtenden gesinnungen oder misanthropen mal ganz zu schweigen. geht gar nicht.
wer das leben und die menschen nicht liebt, kann kein freund sein. wer eine kommerzielle seite betreibt, ist da sicher gefährdet, weil kunden u. besucher erwünscht sind. leider ist dann vielen egal, wer ihre kunden sind. wenn’s um’s geld geht….
im privatbereich ist es da einfacher, seine kontakte zu prüfen und zu pflegen.
alles gute, dir und danke für diesen impuls! 🙂
Suse meint
Liebe Nadja, du hast es richtig erkannt: es kommt darauf an, wie man Social Media nutzt. Wenn man es wie ich beruflich macht, dann hat man leicht so viele Kontakte. Aber gerade dann läuft man auch Gefahr, den Überblick zu verlieren und auch im Falle der beruflichen Nutzung sollte Klasse immer vor Masse gelten.
Liebe Grüße
Suse
sabine kasan meint
Prägnant geschrieben. Danke , liebe Suse. Ich bekomme auch oft Anfragen von Leuten , die garnichts auf ihrer Seite haben. Die lösche ich sofort.Halte diese für ” Schnüffler “
Suse meint
Sehr gerne, liebe Sabine 🙂