Blogger Relations mit Djure Meinen. Ein Interview über Beziehungen, Influencer und Leidenschaft
Djure Meinen ist einer der bekanntesten Spezialisten Deutschlands im Bereich Blogger Relations. Seit 2008 berät er Agenturen und Unternehmen mit dem Schwerpunkt, nachhaltige Beziehungen mit Bloggerinnen aufzubauen und zu pflegen. Wenn es um Kommunikationsstrategien geht, ist er der richtige Ansprechpartner. Auf Barcamps und Konferenzen, wie der re:publica, ist Djure als Sprecher immer wieder auf der Bühne. Seit Sommer 2016 rockt Djure Meinen bei wildcard communications das Thema Blogger- und Influencer Relations.
Im Interview erzählt er, warum Beziehungsaufbau zu Bloggerinnen für Unternehmen so wichtig ist, warum Rezensionsexemplare als PR-Maßnahme nicht reichen und gibt Tipps, wie die Kommunikation zwischen Unternehmen, Agenturen und Bloggerinnen auf Augenhöhe stattfinden kann.
Djure, Du hast seit Jahren den Ruf, ein Experte zum Thema “Blogger Relations” zu sein. Damit meint man den Aufbau und die Pflege stabiler Beziehungen zu Bloggerinnen und Bloggern. Aber was bedeutet das konkret?
Bloggerinnen, aber auch viele Instagramerinnen, Youtuberinnen oder Snapchaterinnen – nennen wie sie mal Influencer – sind für Unternehmen und Agenturen wertvolle Ansprechpartnerinnen. Sie sind Expertinnen auf ihren Interessengebieten, stehen soziodemographisch prototypisch für ihre Leserinnenschaft, produzieren hochwertigen individuellen Content und können für Reichweite sorgen. Um diesen Schatz nachhaltig zu heben, müssen Unternehmen und Agenturen bereit sein, sich intensiv mit diesen Influencern auseinanderzusetzen. Das geht in der Regel weit über Recherche von Daten und Adressen hinaus.
Am besten funktionieren Influencer Relations auf Basis persönlicher Beziehungen. Solche Beziehungen zu stiften und zu begleiten, ist der Kern meiner Arbeit. Darüber hinaus gilt es natürlich Kommunikationskonzepte zu entwickeln oder zu adaptieren und Prozesse zu managen.
Wie zeitintensiv ist der Aufbau einer solchen Beziehung?
Zeit ist für mich bei dieser Arbeit die wichtigste Ressource überhaupt. Gute Beziehungen fußen auf wachsendem Vertrauen. Dazu muss man sich kennenlernen immer wieder neu abstimmen. Doch der Einsatz dieser Zeit zahlt sich mittelfristig aus. Der Kontakt wird leichter, die Zusammenarbeit intensiver, die Ergebnisse immer besser.
Warum findest du das Thema Blogger Relations so wichtig? Viele Bloggerinnen scheinen durchaus glücklich damit zu sein, “nur” zu bloggen, oder?
Einfach nur zu bloggen ist wunderbar. Ich mache das seit Jahren. Ein deutlicher Hinweis im Impressum dürfte viele Anfragen bereits im Vorfeld abblocken. Alles, was dennoch durchkommt, kann man freundlich aber bestimmt ablehnen oder auch einfach ignorieren.
Viele Bloggerinnen haben aber durchaus Interesse an der Arbeit mit Unternehmen. Sei es, um frühzeitig an Informationen zu gelangen oder um mit ihrer Arbeit ein wenig oder auch mehr Geld zu verdienen. Diese Bloggerinnen in die Kommunikationsarbeit einzubinden, ist oft genug eine bedenkenswerte Option.
Wie muss ein professionelles Blog aufgestellt sein? Was gehört dazu?
Viel wichtiger als ein professioneller Rahmen ist die Leidenschaft für das eigene Thema und die daraus erwachsende Qualität von Texten, Bildern und Videos. Aber natürlich braucht es ein paar Voraussetzungen, um ein Blog “kooperationsbereit” zu machen.
Je nach Thema kommt der äußeren Gestaltung des Blogs eine gewisse Bedeutung zu. Das ist im Fashion- oder Interior Design-Umfeld natürlich wichtiger als im Finanzblog. Ein modernes und vor allem zugängliches Layout und ein Logo für etwas Wiedererkennungswert schaden aber auch dort nicht. Das Webdesign sollte zudem unbedingt auch auf dem Smartphone funktionieren. Nicht zuletzt, um bei Google nicht aus dem Index zu fliegen. Wichtig ist auch, die rechtlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Impressum und Datenschutzseiten sollten den aktuellen Erfordernissen genügen.
Bzgl. des Inhalts erwarte ich eine lesbare Schreibe und ein wenig Anspruch an Rechtschreibung und Grammatik. Darüber hinaus sollte etwas Kontinuität erkennbar sein. Das muss nicht heißen, täglich oder wöchentlich zu schreiben. Es muss nur zum Thema und zur Zielgruppe passen.
Alle möglichen Social Media Kanäle mehr schlecht als recht zu bedienen, kann sich auch negativ auswirken. Hier sollte man sich auf die Netzwerke beschränken, die einem liegen. Um Facebook kommt man kaum herum. Ob man darüber hinaus Twitter, Pinterest oder Snapchat nutzt, kann man an den eigenen Interessen und Fähigkeiten orientieren.
Strittig ist, ob ein Blog ein Media-Kit benötigt. Ich persönlich kann gut darauf verzichten, viele andere Agenturen bestehen darauf. Vermutlich ist es besser eines zu haben, bzw. eines anzubieten und auf Nachfrage herauszugeben. Dann kann man es auch jeweils aktualisieren, bevor es die Mailbox verlässt.
Ist Reichweite wirklich alles?
Mit der Erwartung an Reichweite gegenüber Influencerinnen verbinden viele Unternehmend die Hoffnung auf günstige Reichweite. Diese Hoffnung muss ich enttäuschen. Reichweite kostet Geld. Bei Bloggerinnen und Influencerinnen eher mehr als weniger.
Wer vornehmlich auf Reichweite aus ist, sollte nicht mit Bloggerinnen zusammen arbeiten. Blogs stehen für kreative Contentideen, ehrliches Feedback und echten Dialog mit den Leserinnen. Wer möchte, dass der wertvolle Blogcontent wahrgenommen wird, kümmert sich parallel um begleitende Maßnahmen auf Social Media Kanälen und in Suchmaschinen und reserviert dafür einen Teil des Budgets.
Schließen sich die Glaubwürdigkeit der Bloggerinnen auf der einen Seite und Bezahlung für Inhalte auf der anderen Seite nicht aus?
Die Vorstellung, dass man seine Seele verkauft, wenn man für Geld arbeitet, zeugt doch von einem ziemlich armseligen Menschenbild. Ohne Frage beeinflussen wirtschaftliche Beziehungen das Verhalten. Genauso wie jede andere Form von Beziehung das auch tut. Entscheidend ist daher nicht, ob Unternehmen Bloggerinnen für ihre Arbeit bezahlen. Entscheidend sind vielmehr die Bedingungen, unter denen sie das tun. Und diese Bedingungen sollten so transparent wie möglich gemacht werden.
Wenn Auftraggeber die formale und inhaltliche Hoheit über das Ergebnis erhalten wollen, dann ist das Werbung und das sollte dann auch dran stehen. Wenn Unternehmen voraussetzungslos Geld anbieten, dann ist das aus meiner Sicht keine Werbung und muss dennoch in geeigneter Form kenntlich gemacht werden. Nur so können Leserinnen beurteilen, welche Bedeutung Sie einem Beitrag beimessen wollen.
Was hat es mit “We pay, they decide” auf sich?
Im Gegensatz zu verlags- oder netzwerkgebundenen Publikationen fehlt vielen Blogs ein mittelbares Refinanzierungsmodell wie etwa eine Anzeigenabteilung. Unternehmen, die auf die Arbeit mit Bloggerinnen setzen, müssen daher auf andere Weise die Verantwortung für die finanzielle Absicherung der Arbeit der Bloggerinnen übernehmen. Wer auf die starken Seiten der Bloggerinnen setzt, wird ihnen trotz direkter Zahlungen die gleichen Freiheiten lassen, wie sie jeder Journalistin auch gewährt werden. Das fühlt sich für viele erst mal merkwürdig an. Auch für viele Bloggerinnen. Aber man gewöhnt sich dran.
Buchbloggerinnen freuen sich über die Rezensionsexemplare, die sie von den Verlagen erhalten. Das ist den meisten Bezahlung genug. Ich weiß, dass du bisher mit der Literaturszene wenig zu tun hattest. Kannst du dir trotzdem vorstellen, wie eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Bloggerinnen und Verlag aussehen könnte?
Der Versand von Rezensionsexemplaren ist ja reine Produkt-PR. Verlage, die Leserinnen langfristig binden wollen, sollten darüber hinaus auch mit Bloggerinnen an Verlags- und Autorenmarken arbeiten. Was ein Verlag eigentlich macht, wie eine Autorin arbeitet, das findet viel zu sehr im Verborgenen statt. Das nächste Buch wird nicht gekauft, weil es in Verlag xy erschienen oder Autorin abc so eine faszinierende Person ist. Das zu ändern, dafür drängen sich Projekte mit Bloggerinnen geradezu auf.
Was ist von Blogvermarktern wie Blogfoster zu halten?
Blogfoster macht einen guten Job, wenn es um die Platzierung von Bannern und hochwertigen Advertorials geht. Beziehungsarbeit stelle ich mir aber anders vor. Die funktioniert nicht, wenn zwischen Absender und Multiplikator nur ein mittelbarer Kontakt besteht.
Und von Unternehmen, die darauf drängen, einen bezahlten Artikel nicht mit Werbung zu kennzeichnen?
Wenn Geld oder eine andere Leistung fließt, muss das gekennzeichnet werden. Wer das trotz Hinweisen wegzudiskutieren versucht, gehört auf die Blacklist. Darüber diskutiere ich nicht. Ob Artikel, die eine Bloggerin ohne jede unmittelbare Einflussnahme verfasst hat und für den sie mit ganzen Herzen einsteht, Werbung ist, darüber lässt sich trefflich streiten. Ich glaube, hier täten Unternehmen gut daran, ins Risiko zu gehen und andere Kennzeichnungen auszuprobieren. Blogger können das Risiko nicht selbst tragen und müssen entsprechend vertraglich abgesichert werden.
Lass’ uns auch mal über Preise reden. Wie könnte die Bezahlung von Bloggerinnen aussehen?
Ich habe ja die Daumengröße 500 Euro für einen gut recherchierten Artikel inklusive Social Media Kanälen definiert. Und ich stehe dazu. Unternehmen, die weniger zahlen wollen, müssen gut argumentieren, warum. Bloggerinnen die mehr verlangen, stehen ebenso in der der Pflicht, sich zu erklären.
Last, but not least: Was liest du gerade und was ist dein Herzensbuch?
Ich lese ja – leider – viel zu wenig. Aber jüngst habe ich den Pfau von Isabel Bogdan verspeist. Die Sprache ist hinreißend schön. Eines der wenigen Bücher, das ich in jungen Jahren immer wieder gelesen habe, war der Herr der Ringe. Dabei finde ich Fantasy sonst eher doof.
Lieber Djure, vielen Dank für dieses inspirierende Interview.
Und so kannst du Djure erreichen:
Telefon: +49 151 230 2222 0
E-Mail: meinen@50hz.de
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Bildrechte: Djure Meinen, Ellen Hempel
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